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Bild: (Quelle: IBF)

Neben Haushaltsgeräten und einer Fülle anderer elektrischer Geräte, wie Überspannungsschutzgeräte, Elektromotoren sowie Audio- und Videogeräte fallen vor allem auch für sich allein in den Verkehr gebrachten Schaltschränke in den Anwendungsbereich der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. Eine detaillierte Auflistung ist in der Liste der harmonisierten Normen nach Niederspannungsrichtlinie im EU-Amtsblatt zu finden. Im Maschinen- und Anlagenbau werden Schaltschränke häufig zugekauft. Dadurch ergibt sich eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Maschinenbau und den Herstellern der Schaltschränke. Wenn zum Beispiel in der Maschine für die Absicherung eines Gefährdungsbereichs eine steuerungstechnische Schutzeinrichtung zum Einsatz kommt, befinden sich die Positionswächter dafür direkt an der Maschine, die Auswertegeräte und die Aktoren jedoch im Schaltschrank. Der Schaltschrankbauer wird, sofern vertraglich nicht anders vereinbart, seine Risikobeurteilung auf die im inneren des Schaltschranks liegenden elektrischen Gefährdungen beziehen. Mit dem Ausstellen der EG-Erklärung erklärt der Hersteller des Schaltschranks somit die Rechtskonformität des Schaltschranks für sich aber natürlich nicht die Tauglichkeit des Schaltschranks im Zusammenspiel mit der Maschine. Dies zu prüfen liegt in der Verantwortung jenes Unternehmens, das die Maschine oder Anlage in den Verkehr bringt. Im Gegensatz zur Maschinenrichtlinie enthält die Niederspannungsrichtlinie selbst keine Vorgaben, wie eine Risiko­beurteilung in der Praxis konkret durchgeführt und dokumentiert werden muss, sie muss lediglich „geeignet“ sein: „Der Hersteller erstellt die technischen Unterlagen. Anhand dieser Unterlagen muss es möglich sein, die Übereinstimmung eines elektrischen Betriebsmittels mit den betreffenden Anforderungen zu bewerten; sie müssen eine geeignete Risikoanalyse und -bewertung enthalten [1].“

Verwirrung um Normen

Die nach Maschinenrichtlinie harmonisierte Norm DIN EN ISO 12100 (Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung) ist im EU-Amtsblatt nach Niederspannungsrichtlinie nicht gelistet. Dies führt zur Frage, ob diese Norm dennoch für Risikobeurteilungen nach der Niederspannungsrichtlinie angewendet werden darf?
Bei der Beantwortung dieser Frage unterstützt die Darstellung in Bild 2: Die DIN EN ISO 12100 wurde auf Basis des übergeordneten ISO/IEC Guides 51 (Safety aspects — Guidelines for their inclusion in standards) [3] entwickelt. Darauf wird in der Einleitung der DIN EN ISO 12100 hingewiesen: „Soweit dies bei der Abfassung der vorliegenden internationalen Norm zweckdienlich war, wurde der ISO/IEC Guide 51 berücksichtigt.“
Dieser Guide richtet sich aber nicht an Konstrukteure und Planer, sondern an Hersteller von Normen. Somit wäre zu erwarten gewesen, dass die DIN EN ISO 12100 entweder auch nach der Niederspannungsrichtlinie als harmonisierte Norm gelistet wird oder dass es parallel zur DIN EN ISO 12100 eine Basisnorm für die Durchführung von Risikobeurteilungen nach Niederspannungsrichtlinie geben würde. Das ist aber nicht der Fall. Stattdessen wurde 2014 der Cenelec Guide 32 (Guidelines for Safety Related Risk Assessment and Risk Reduction for Low Voltage Equipment) [2] entwickelt.

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